Einmal saß ich bei einer Bahnfahrt neben einem jungen Mann, dem sichtlich etwas
Schweres auf dem Herzen lastete. Schließlich rückte er dann auch damit heraus,
dass er ein entlassener Sträfling und jetzt auf der Fahrt nach Hause sei.
Seine Verurteilung hatte Schande über seine Familie gebracht. Sie hatten ihn nie im
Gefängnis besucht und auch nur ganz selten geschrieben. Er hoffte aber trotzdem,
dass sie ihm verziehen hatten.
Um es ihnen aber leichter zu machen, hatte er ihnen in einem Brief vorgeschlagen,
sie sollten ihm ein Zeichen geben, an dem er, wenn der Zug an der kleinen Farm vor
der Stadt vorbeifuhr, sofort erkennen könnte, wie sie zu ihm stünden.
Hatten die Seinem ihm verziehen, so sollten sie in dem Apfelbaum an der Strecke ein
weißes Band anbringen. Wenn sie ihn aber nicht wieder daheim haben wollten,
sollten sie gar nichts tun. Dann werde er im Zug bleiben und weiterfahren, weit weg,
Gott weiß, wohin.
Als der Zug sich seiner Vaterstadt näherte, wurde seine Spannung so groß, dass er
es nicht über sich brachte, aus dem Fenster zu schauen. Ein anderer Fahrgast
tauschte den Platz mit ihm und versprach, auf den Apfelbaum zu achten.
Gleich darauf legte er dem jungen Sträfling die Hand auf den Arm. „Da ist er“,
flüsterte er, und Tränen standen ihm plötzlich in den Augen, „alles in Ordnung. Der
ganze Baum ist voller weißer Bänder.“
In diesem Augenblick schwand alle Bitternis, die ein Leben vergiftet hatte. „Mir war“,
sagte der Mann später, „als hätt ich ein Wunder miterlebt. Und vielleicht wars auch
eines.
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